GESCHLECHTERGEREGKEIT

Wir fordern:

Wir als Gemeinschaft der Pfadfinder*innenverbände in Bayern fordern, dass die faktische Gleichberechtigung der Geschlechter schneller vorangetrieben wird. Handlungsbedarf sehen wir in fast allen Bereichen der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik.

Aktueller Sachstand:

Seit 1990 besteht der gesetzliche Auftrag nach § 9 Abs. 3 SGB VIII als Leitnorm zur Ausgestaltung aller Leistungen der Kinder- und Jugendarbeit. Pfadfinder*innenverbände haben eine vielfältige und langjährige Praxis, die zeigt wie in geschlechtsdifferenzierten Angeboten/ Formen gearbeitet werden kann.

Mitarbeiter*innen werden bei uns so ausgebildet, dass eine geschlechtergerechte Jugendarbeit nicht nur in den Angeboten, sondern auch in den Strukturen und Gremien ihren Niederschlag findet. In unserer Jugendarbeit werden unterschiedliche Lebenslagen von Mädchen, Jungen und queeren Personen berücksichtigt.

Problemdarstellung:

Im Grundgesetz im Artikel 3 Absatz 3 steht: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt
werden.


In unserer Gesellschaft werden dennoch Menschen aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt. Diese Diskriminierung betrifft neben Mädchen und Frauen auch inter*, nichtbinäre, trans* und agender Personen. Die Benachteiligung reicht von Frauen und queeren Personen im Berufsleben, die dort immer noch nicht gleichberechtig sind z. B. bei der ungleichen Bezahlung oder bei der Besetzung von Leitungspositionen- über die Gesundheitsforschung, bei der der Fokus auf lang auf Männer gelegt ist, obwohl körperlichen, biologischen und psychischen Merkmalen bei den Geschlechtern anders ausgeprägt sind. Hinzukommt der gesellschaftliche Zwiespalt bezüglich der Erwartung von modernen und traditionellen Rollenbildern.


Diskriminierende Gesellschaftsstrukturen hat auch Auswirkungen auf Jungen und junge Männer. Auch
sie müssen Rollenerwartungen und -bilder erfüllen. Auf den Gesundheitsaspekt bezogen, holen sich
junge Männer über 18 Jahren seltener psychologische Hilfe bei psychischen Erkrankungen. Und bei der
Schulbildung zeichnet sich folgendes Bild ab: An Förderschulen werden 64 Prozent Jungen unterrichtet
und von denjenigen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, sind 60 Prozent Jungen.


Bei vielen Themen lohnt es sich einen geschlechtsspezifischen Blick zu haben, denn die Auswirkung
der vielen Krisen (die Pandemie, der Ukrainekrieg, Klimakrise…) auf die Chancengleichheit und auf
die psychische Gesundheit junger Menschen, können geschlechtsspezifische Unterschiede aufweisen.

Was muss passieren:

1. Genderpädagogik und sexuelle Aufklärung müssen nach dem aktuellsten wissenschaftlichen Bestand in der schulischen Bildung und bei pädagogischen, pflegerischen und medizinischen Ausbildungen/ Studienfächern als festen Bestandteil verortet werden. Dazu gehört auch ein gendergerechter Lehrplan im Schulwesen und eine geschlechtsbewusste Lernatmosphäre, Lehrstoffvermittlung und Didaktik.

2. Ein öffentliches Bewusstsein und politischen Handeln, nachdem Antifeminismus, Mädchen- und Frauenhass keine zu vernachlässigenden individuellen Einstellungen sind, sondern die Verfassung und die individuellen Rechte von Frauen und queere Personen verletzen und das gesellschaftliche Miteinander zerstören. Dabei gilt, dass Verstöße gegen Persönlichkeitsrechte, Hassreden und Beleidigungen müssen im digitalen Raum juristisch genauso verfolgt werden wie im Offline-Kontext. Die Problematik in den digitalen Netzwerken trifft vor allem auch Kinder und Jugendliche.


3. Eine bessere und gerechte Entlohnung und/ oder Eingruppierung der Arbeit und bessere Aufstiegschancen für alle Menschen unabhängig des Geschlechts. Beispielsweise durch die Durchsetzung von Entgeltgleichheit und Lohntransparenz.


4. Wir fordern eine Genderpolitik, die die regionalen Unterschiede, insbesondere die soziale Herkunft und die demografischen Entwicklungen wahrnimmt und zur Grundlage ihres Handelns bestimmt.